Projektziel

Was wir erreichen möchten

Bereits in den vergangenen Jahren konnte die deutsche Papierindustrie durch eine kontinuierliche Steigerung der Altpapier-Einsatzquote und die damit verbundene Einsparung von Primärressourcen die Nachhaltigkeit der Papierproduktion steigern und große Erfolge hinsichtlich der gesetzlich angestrebten Quoten erzielen. So entspricht der Einsatz von Fasern aus Altpapier als Sekundärrohstoff in der Papierproduktion heutzutage dem Stand der Technik. Durch hohe Einsparungen an Energie und Wasser beim Einsatz der sogenannten Sekundärfasern gegenüber den Primärfasern aus Holz- oder Faserstoff ist die Nutzung der Sekundärfasern nicht nur aus ökonomischer und rohstofflicher Sichtweise attraktiv, sondern darüber hinaus auch aus wirtschaftlicher Perspektive. Aus diesem Grund stellt Altpapier, bezogen auf die Masse, mit mehr als 66 % (Verband Deutscher Papierfabriken e. V. 2020) den wichtigsten Rohstoff in der Papierproduktion dar. Die Sekundärfasern werden dabei maßgeblich aus getrennt erfasstem Altpapier aus der privaten und gewerblichen Sammlung sowie aus Produktionsabfällen (Verschnitt und Fehlchargen) gewonnen. Nach einer trockenmechanischen Sortierung zur Erzeugung der – üblicherweise gemäß DIN EN 643 – definierten Altpapiersorten erfolgt am Produktionsstandort einer Papierfabrik eine nassmechanische Aufbereitung zu einem Faserbrei, der entweder ausschließlich oder mit einem Anteil an Frischfasern zur Produktion von Papier, Karton oder Pappe verwendet wird.

Die aktuelle Situation der Erfassung, Sortierung und das in den aktuell geltenden gesetzlichen Regelungen enthaltene Rezeptverbot in Form der XXXVI. Empfehlung des Bundesinstitutes für Risikobewertung (BfR) schränkt die Quellen zur Sekundärmaterialgewinnung jedoch stark ein, weshalb das Altpapier aus Restmülltonnen, Systemverpackungen aus der Gastronomie und das über die Systeme der Leichtverpackungen (gelber Sack/Tonne) eingesammelte Fasermaterial nicht als hochwertiges Sekundärmaterial in der Papierproduktion verwendet werden kann.

Aufgrund dieser geltenden Vorschriften stellt das Verfahren der energetischen Nutzung für die Materialien aus der gemischten Sammlung (Restabfall (RA), siedlungsabfallähnlichen Gewerbeabfällen (GA) und Leichtverpackungen (LVP)) den derzeit von der Industrie, trotz des wirtschaftlich und ökonomisch geringen Nutzens, präferierten Weg dar. Jedoch geht die Verbrennung der Materialien auch mit einem hohen Ascheanteil einher, die wiederum auf Kosten des Verursachers entsorgt werden muss.

Doch das Rezeptverbot wirkt sich nicht nur auf die stoffliche Verwertung der Abfallströme, sondern auch auf die bei der Produktion von Umverpackungen verwendeten Materialien und damit auf die produzierten Papiersorten aus. Dies liegt daran, dass beim Einkauf sowie der Lagerung der Rohpapiere und bei der Erstellung der Umverpackung ein indirekter Lebensmittelkontakt in der Nutzungsphase nicht ausgeschlossen werden kann. Daher werden durch die Verpackungshersteller fast ausschließlich Rohpapiere für die Herstellung der Verpackungen geordert, die durch die Regelungen des BfR für den Lebensmittelkontakt als unbedenklich eingestuft werden. Ein Aspekt dieser Unbedenklichkeit ist, dass das verwendete Altpapier nicht aus einer Mehrkomponenten- oder Gesamtmüllerfassung stammen darf. Die einzige bisherige Ausnahme der faserbasierten Verpackungen aus der Gemischtsammlung ist die faserbasierte Hauptfraktion der Flüssigkeits- bzw. Getränkekartons. Für eine spezifisch sortierte Qualität (Altpapiersorte 5.03.00 gemäß DIN EN 643) konnte die Gewinnung dieser hochwertigen Sekundärfasern in Papierfabriken durch die Implementierung spezifischer Reinigungs- und Aufbereitungsprozesse technologisch erfolgreich umgesetzt werden. Weitere qualitativ definierte Sorten gibt es bisher nicht.

Eine stoffliche Nutzung des Fasermaterials aus den jährlich rund 1,8 Mio. Tonnen Papier, Pappe und Kartonagen (inkl. Laminate) aus der gemischten Sammlung (vgl. Kapitel 2.2) ist, neben den Verwendungseinschränkungen, durch die derzeit undefinierte Faserausbeute, die unklare Zusammensetzung der nicht faserbasierten Reststoffe und die unklare Faserqualität bisher wirtschaftlich höchst unattraktiv. Eine der Unwirtschaftlichkeit entgegenwirkende Anpassung des Aufbereitungsprozesses, der, neben einer Vorsortierung der Altpapierfraktion, zwingend eine Prozessstufe zur Hygienisierung enthalten muss, ist aufgrund des ungewissen Projektausgangs ohne eine unterstützende Förderung als alleinstehendes Projekt nicht realisierbar.

Geplanter Recyclingkreislauf für Papier, Pappe und Kartonage aus gemischten Abfallströmen

Ziel des Forschungsprojektes ist es daher, zunächst technisch zu prüfen, welche Altpapiersorten aus den Fraktionen RA, GA und LVP für die weitere Aufbereitung erzeugt werden können. Im Anschluss werden die nötigen Optimierungen des technischen Prozesses zur Gewinnung von Sekundärfasern aus RA, GA und LVP im Technikumsmaßstab erprobt und der nötige Prozessschritt der Hygienisierung auf die vorkonditionierten Fasern abgestimmt. Zur Bewertung wird eine Energie- und Treibhausgasbilanz sowie eine Wirtschaftlichkeitsrechnung über die gesamte Projektkette zur Erschließung der Wertschöpfungsketten Altpapier aus LVP und RA erstellt. Die Bewertung beinhaltet die Identifizierung der bestmöglichen und aktuell verfügbaren Technologien in jedem der Verfahrensschritte. Das transparente Wissen um die erwartete Energieeinsparung soll in die zukünftige Weiterentwicklung des Mindeststandards zum Verpackungsrecycling wie auch in die angestrebte Weiterentwicklung der XXXVI. Empfehlung des BfR einfließen. Diese beschränkt bisher eine stoffliche Verwendung dieser Abfallströme durch ein Rezeptverbot und könnte, durch die Einführung von technischen Grenzwerten oder durch die Forderung der Anwendung eines Hygienisierungsprozesses, die industrielle Realisierung von technischen Lösungen ermöglichen. Die Erschließung dieses, im Wesentlichen aus Produktverpackungen bestehenden, Altpapiers hat das Potenzial, hochwertige Sekundärfasern als Rohstoff zu liefern und damit eine Substitution von Primärfaserstoffen sowie eine Reduktion von Energie und Wasser und eine Reduzierung des Reststoffanfalls zu bewirken.

Untenstehende Abbildung stellt den im Projekt betrachteten Aufbereitungsablauf dar. Dieser umfasst die Prozesse zur trockenmechanischen Sortierung des Materials in Anlagen zur Sortierung von LVP sowie in Sortieranlagen zur Verwertung (AzV) und zur Beseitigung (AzB), die Erzeugung von wirtschaftlich verwertbaren Sekundärrohstoffen, deren nassmechanische Auflösung und Trennung von Laminat- bzw. Verbundmaterialien und Fremdstoffen, die Hygienisierung und den Wiedereinsatz in der Papierproduktion. Ferner wird untersucht, ob die angefallenen Laminatreststoffe (insbesondere Kunststofffolien) durch ein chemisches Recycling auch stofflich genutzt werden können. Über alle Stufen hinweg wird eine Treibhausgas-, Energie- und Wirtschaftlichkeitsbilanz sowie ein Optimierungsmodell erstellt werden. Über das Optimierungsmodell kann abgeschätzt werden, welche Sortierung und welche Aggregate wie genutzt werden sollten. Die Einbeziehung weiterer Nachhaltigkeitsindikatoren wie den Wasserverbrauch und den Anfall und die Verwertung von Reststoffen sowie die Zirkularität werden dabei ebenfalls berücksichtigt. Dabei werden auch die verschiedenen Anwendungsstufen und Inputqualitäten einbezogen.

Die Grafik zeigt aus welchen Gründen PPK in der LVP landet, wie diese vorbehandlet werden und wieder zu neuen hochwertigen neuen Produkten recyclet werden können.